Am 16. März 1944: In London wird der deutsche Spion John Job hingerichtet.
Job war im November 1943 mit dem Auftrag nach Großbritannien gekommen, Informationen über den in England angerichteten deutschen Bombenschaden und die Moral der Bevölkerung des Landes zu sammeln. Er scheiterte jedoch gründlich.
Als Oswald John Job im November des Jahre 1943 in England landete, gab er an froh zu sein, endlich dem von den Nazis beherrschten europäischen Festland entkommen zu sein. Der 58jährige Job gab an, drei Jahre lang in einem deutschen Gefangenenlager in Paris festgehalten worden zu sein. Ihm sei es jedoch, so Job, gelungen, Wehrmachts-Offiziere getäuscht, sich befreit und über die spanische Grenze geflüchtet zu sein. Nach Wochen zu Fuss will er Lissabon erreicht haben, wo er ein Flugboot nach England bestieg.
Doch britische Nachrichtenoffiziere warteten bereits auf ihn. Der britische Inlandsgeheimdienst MI5 entschlüsselte Funksprüche, die Jobs Ankunft in England ankündigte. Und wusste sogar noch viel mehr. Sein Auftrag bestand darin, Informationen über deutsche Bombenschäden und zur öffentlichen Moral der Bevölkerung zu sammeln und an Berlin weiterzuleiten. Gemeldet wurde Jobs bei seiner Einreise bereits von den Beamten des britischen Zolls. Denen fielen seine mir Brillanten besetzten Ringe und Manschettenknöpfe auf, die er in seiner Westentasche mit sich führte – Wertsachen, die verkauft die Lebensgrundlage und Basis für die Operation deutscher Spione darstellten.
Tatsächlich, so die Recherchen von Ed Perkins für sein Buch „Britains Forgotten Traitor„, war John Job jedoch nie ein Spion, der sein Land verraten wollte. Jobs schien in Frankreich nur in eine sehr nebulöse Sache hineingeraten sein. Ein gewissenloser, geldgieriger Geschäftsmann, der sich auf das Angebot der deutschen Besatzer einließ, für die deutsche Abwehr Informationen zu liefern. Tatsächlich hatte er aber vor, die als „Agentenkasse“ mitgegebenen Schmuckstücke nach Ankunft auf eigene Rechnung zu verkaufen. In England, so seine Rechnung, würden die Nazis ihn nie aufspüren. Von einem Funkspruch ahnte er jedoch nichts – dass dieser von den Briten abgefangen wurde, schon gar nicht.
Job war ein gewöhnlicher Krimineller, der 1885 als Nachkomme deutscher Einwanderer im Londoner East-End aufgewachsen ist. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg trieb sich Job in Deutschland herum und gehörte dort einer Juwelenbande an, was ihm mehrere Monate Zuchthaus einbrachte. Wieder zuhause in England hielt er es nicht lange aus, verließ Frau und Kind und verschwand nach Paris. Er heiratete dort eine Französin, übernahm schließlich das Prothesengeschäft der Schwiegereltern und erlebte den Einmarsch und die Besetzung der Deutschen.
Tatsächlich wurde Job als britischer Staatsbürger von den Deutschen interniert. Dort, im Fresnes-Gefängnis, entwickelte er sich zu einem Mustergefangenen. Er ließ sich als deutscher Agent anwerben und wurde während der folgenden Wochen von der deutschen Abwehr in die operativen Grundlagen eingewiesen. Dann wurde er entlassen – mit dem Auftrag, die beiden Schmuckstücke einem deutschen Agentenführer in England zu übergeben und sich seinem Netz anzuschließen.
Als John Job dann aber Lissabon erreicht hatte, suchte er umgehend die dortige britische Botschaft auf. Er verschwieg seinen Auftrag, was ihn ganz sicher vor der Hinrichtung gerettet hätte, erzählte hingegen seine Fluchtgeschichte – doch die Briten warteten bereits auf den Spion mit dem Diamantring, der aus Lissabon angekündigt wurde. Was er nämlich nicht ahnen konnte: der Agentenführer „Dragonfly“, dem sich Jobs in London anschließen sollte, war ein britischer Doppelagent, der den MI5 bereits gründlich über die Aktion informiert hatte. Drei Wochen wurde Jobs nach seiner Ankunft in England noch beschattet und in gutem Glauben gelassen, dann schlug die Falle zu.
Noch in seinen Verhören behauptete er, die Schmuckstücke wären seine, ohne den Ernst seiner Lage zu begreifen. Schliesslich gab er zu, nur auf die Juwelen scharf gewesen zu sein, seinen Auftrag aber nie ausführen zu wollen.
Vier Monate später wurde der britische Staatsbürger John Job im Pentonville-Prison in London gehängt. Seine Leiche ist dort noch immer anonym begraben.