Das Beste ist nicht selten das Gewohnteste. Für mich ist auf Reisen der Seesack das Basicgepäck.
Keine Alternative, sondern Standard-Grundlage: der Seesack in seiner ursprünglichsten Form ist nicht nur zwingende Grundlage auf allen Reisen, sondern ein zeitloser Klassiker mit einer langen Geschichte.
Jeder Sailor, also Seemann von Schiffen militärischer wie auch christlicher Seefahrt, kennt den Seesack in der klassischen oder angepassten Form. Insbesondere Segelsportler nennen den Seesack gerne auch „Bootstasche“ und sind seit den 1970er Jahren dazu übergegangen, vom ursprüngliche Segeltuchstoff aus Baumwolle zu Ölzeug oder ähnliche Kunststoff als Obermaterial des Beutels überzugehen. Durch eingerollten und überknickten Verschluss wird der Rucksack dadurch sogar wasserdicht, was auf offenen Segelbooten unverzichtbar ist. Richtig – der Seesack ist ein Rucksack, denn als Rucksack wird er über seine Tragegurte über beiden Schultern getragen. Fehlen jene stark und stabil vernähten Tragegurte, ist der Seesack nur noch ein Beutel.
Aber auch die Größe macht einen wichtigen Unterschied. Der klassische Seesack nach Modell der US Navy hat bis zu 120 Liter Stauraum und verfügt über einen Ösenabschluss, der sich abschliessen läßt. Obligatorisch ist auch der doppelte, mit Nylon vernähte Tragegriff neben der Dokumententasche.
Diese Dokumenten Tasche ist die einzige separate Tasche am Seesack und diente damals dazu, Seemannsbuch oder Kommandobefehle zu verwahren. Passend, um Zeit- und Fahrpläne, oder die Boardingkarte griffbereit zu verstauen.
Für Reisende, die den Seesack nicht kennen oder bisher nie nutzten, was bedauerlich ist, stellt sich am Anfang stets ein grundsätzliches Ordnungsproblem. Wie verstaut man am sinnvollsten sein Gepäck? Dabei ist es so einfach: meinen Kram verstaue ich zuvor in andere Taschen, mit denen dann der Seesack gefüllt wird. Ich packe also einen größeren Rucksack mit meinen Klamotten und der persönlichen Pflege, einen kleineren Rucksack mit dem MacBook und anderer Technik als Handgepäck. Dazu vielleicht noch eine Kameratasche, eine Bauchtasche mit Kleinigkeiten und was sonst noch nötig ist.
Dass alles passt zusammen immer ganz leicht in den Seesack, der dann oft nur halbvoll wurde. Wenn es unbedingt sein muss, können schliesslich die Zwischenräume noch mit Schuhe, mit ein oder zwei Jacken, aufgefüllt werden.
Mein ganzer Kram ist zum Schluss lediglich in nur einem einzigen Gepäckstück verstaut – in diesem Seesack!
Und wenn ich während der Reise dazu gezwungen werde, Gepäck aufzugeben, beispielsweise am Flughafen, nehme ich kurz vorher einfach mein Handgepäck, eine Jacke oder was ich sonst noch unmittelbar benötige, aus diesem Seesack.
Keine drei bis vier Taschen umständlich mit sich herum tragen, die man dann, in Teilen, ganz leicht unterwegs vergessen könnte. Und auf der Rückreise kommen vielleicht noch einmal doppelt so viele Plastiktüten, Kästchen und Täschchen dazu, „Souvenirs“ und unwiderstehliche Angebote, über die man sich auf alle Fälle ärgern wird.
Alles was ich habe trage ich auf dem Rücken in meinem Seesack relativ bequem mit mir herum.
Natürlich ist der Gurt einigermaßen primitiv, für Reisen mit der Bahn, mit dem Auto oder mit dem Flugzeug – und selbstverständlich wie ganz besonders auf Schiffsreisen, jedoch völlig ausreichend.
Ausgenommen natürlich für längere Wanderungen zu Fuß.
In diesem Fall würde ich aber meinen großen Rucksack aus dem Seesack herausnehmen, um darin meine restlichen Sachen, zusammen mit meinem leeren, aufgerollten Seesack zu verstauen. Dieses System bietet Ordnung und Flexibilität.
Wenn auch zweifellos moderne Rollkoffer und immer bequemere Rucksacksysteme den Seesack weitgehend als Reise-Accessoire verdrängt haben, ist und bleibt er dennoch ein Symbol für Abenteuer und Mobilität und ein verläßlich wiederkehrendes, modisches Statement.
Auch in der Literatur taucht der Seesack immer wieder auf: als Symbol für den persönlichen Ballast oder auch als Zeichen für Aufbruch und Veränderung.
Der Seemann, Schriftsteller und Kabarettist, Joachim Ringelnatz nutzt du den Seesack immer wieder als Anker und Symbol in seiner Literatur Lyrik. Sein persönlicher Seesack von 1914, aus der Zeit des ersten Weltkriegs, ist heute ein literaturhistorisches Erinnerungsstück, dass seine Verbindung zur Seefahrt dokumentiert. Der originale Seesack von Ringelnatz ist im Kulturhistorischen Museum in Wurzen (Sachsen) zu besichtigen.
Interessant ist übrigens noch die Tatsache, dass der Seesack in seiner Grundform von Soldaten sämtlicher Marinen westlicher Nation benutzt wird. Ein sicheres Zeichen und Garant, dass er sich überall bewährt hat.
Übrigens: bereits Jäger und Sammler in der Steinzeit sollen eine Art Seesack benutzt haben, allerdings waren die zu dieser Zeit noch aus Leder und Tierhäuten gefertigt. Lange her; ich bevorzuge heute die Variante zu 100%-Baumwoll-Canvas.
Ein vernünftiges klassisches Exemplar gibt es zur Zeit ab 70€, gebrauchte Exemplare, inklusive Gebrauchsspuren, vereinzelt sogar mit vorhandenen Patches (Aufnäher), gibt es ab 15€.
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