Der Textauszug des dritten Teils deutet an, wie Max überhaupt in Kontakt mit politischen Zusammenhängen kam, sozusagen zwischen den Extremen aufwuchs.
Textauszüge aus dem Arbeitsentwurf
EINGETAUCHT
Was ich aber eigentlich sagen wollte: So richtig von sich selbst erzählt hat Max eigentlich nur am nächsten Tag, als wir in Warnemünde waren.
Ich dachte mir, dass gehört zu einem Rostock-Besuch einfach dazu, mal ein bisschen in Warnemünde herumgelaufen. Zwischen Tee-Post und Neptun-Hotelkomplex den weitläufigen Sandstrand bis zum Wasser hinunter.
Wir liefen dann da eine Weile am Wasser herum, es regnete und wurde schliesslich schon schon etwas dunkel.

Max erzählte mir dann, dass er als Kind, mit neun oder zehn Jahren – vielleicht sei er aber auch schon elf oder zwölf gewesen – sogar einem Pionier-Lager der FDJ, irgendwo hier an an der Küste, teilgenommen hätte. Als Westdeutscher. Echt.
Er wüsste aber nicht mehr, wo das genau gewesen war. Das war so ein großes Zeltlager, an irgend so einem Seebad. Man sei da von Lübeck aus mit dem Zug hin gefahren. Das sei eigentlich ganz einfach gewesen.
So langsam fing ich an, über seine Geschichten zu lachen. Er musste grinsen. Ich dürfe gerne lachen, er meine das aber völlig ehrlich. Wirklich. Das war auch überhaupt nicht schwer. Anlässlich irgendwelcher Weltjugendwochen lud die DDR regelmäßig Jugendliche aus aller Welt ein, über die kommunistischen Parteien aller Länder. Und durch einen Zufall fragte irgendwann Max Kumpel Andreas, ob er nicht einfach mit will nach Greifswald, „zum sozialistischen Bruder“. Wie sich herausstellte, waren die Eltern von Andreas in der Lübecker Ortsgruppe der Kommunistische Partei aktiv, der DKP. Max fragte zuhause natürlich seinen Großvater, der wiederum die kurze Reise nicht uninteressant fand.
Was ich, um ehrlich zu sein, wiederum äußerst naiv fand. Ich hätte doch mein Kind nicht alleine in den Ostblock geschickt?! Aber Max Großvater hatte da offenbar keine Scheuklappen, er erzählte mir noch, dass sich der alte Mann grundsätzlich für politische Randgruppen interessiert hätte. Er würde auch Veranstaltungen von der NPD oder DVU besuchen und hätte Max immer wieder dabei gehabt und so wäre er auch schon bei Vorträgen der DKP gewesen. Wo was los sei, wäre der alte Herr hin. Als Kind sei Max, zu meinem Entsetzen, sogar mal auf Veranstaltungen der Wiking Jugend gewesen. Und bei den Wandervögeln und natürlich den Pfadfindern. Sein Großvater hätte ihn oft auf solchen Veranstaltungen mitgenommen.
Dabei sei der Mann weder Nazi, noch Kommunist. Max betonte dies und erklärte, dass er nur wissen wolle, was die Leute so zu sagen hätten. Denn das hätte ihm der Großvater immer eingebläut, das wäre ihm wichtig: das man sich immer genau ein Bild machen sollte, sich aber selten unterordnen und einreihen dürfe. Überall dabei sein, aber nie dazugehören.
Jedenfalls fuhr er dann damals mit seinem Kumpel Andreas mit dem Zug an die Ostseezonenküste.
Zu einem doch sehr buntes Zeltlager in einer grauen Ostblocklandschaft. Max konnte sich sonst aber nur noch daran erinnern, für ein Saunatuch von McDonalds, dass er mitgebracht hatte, gerügt worden zu sein. Er durfte das Handtuch dann nicht mit an den Strand nehmen. Das wurde dann nicht verboten, sondern ausdrücklich beschlossen. So funktionierte der Sozialismus, meinte Max mahnend, das hätte er „live und in Farbe“ erlebt. Das wäre ja nun auch Geschichte. Womit er Recht hatte.
(…)